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Besuch einer Therapeutin bei einem Jungen mit Behinderung in Albanien

Vater und Sohn

Einmal die Woche treffen sich in Durrës, Albanien, Menschen mit Behinderung und ihre Familien zu einem besonderen Programm: Sweet Mess (süßes Durcheinander). „Wir erzählen eine Bibelgeschichte, basteln, essen gemeinsam zu Abend und machen auch Spiele“, erklärt Shiny, Mitarbeiterin von OM in Albanien. „Das ist wirklich schön und wir sind inzwischen auf fast 20 Familien angewachsen, von denen gut 15 wöchentlich kommen.“ Eine dieser Familien ist die von Ibrahim*.

Schon von Beginn an kommen Ibrahim mit seinem autistischen Sohn Esad* zum Sweet Mess. Esad zeigte aufgrund seines Autismus Aggressionen, sogar gegenüber Gegenständen im Raum. Doch haben Vater und Sohne eine sehr enge Beziehung und Esad macht seinem Vater vieles nach, was ebenfalls typisch für Autismus ist. „Die beiden erinnern mich sehr an unsere Beziehung zu Gott“, beschreibt Shiny. „Man kann sehen, dass Esad von Ibrahim Sicherheit, Orientierung und alles erwartet. Alles, was der Vater tut, tut auch der Sohn.“

Ibrahim ist auch viel in Kontakt mit dem Leiter von Sweet Mess und die beiden Männer treffen sich auch zu zweit auf eine Tasse Kaffee. Um sich ganz um seinen Sohn zu kümmern, hat Ibrahim sogar seine Arbeit aufgegeben – seine Frau entschied sich zu arbeiten und so die Familie zu ernähren. Ibrahim kommt aus einer muslimischen Familie und identifiziert sich – so wie es in Albanien üblich ist – als Muslim. „Wir kommen in die Kirche zu Sweet Mess, aber ich bin Muslim“, meinte er oft. „Wir sind hier, weil wir Gemeinschaft wollen, ich finde es gut, dass mein Sohn hier lernt. Aber ich bin Muslim aus Tradition.“

Esad machte über die Jahre Fortschritte. Er hilft im Haushalt, lernte sprechen und ist in der Schule. Doch mit Esads 18. Geburtstag änderte sich viel. Ab diesem Zeitpunkt muss man in Albanien selbst zahlen, um die nötigen Dokumente und Hilfe zu bekommen. „Mit der Korruption ist es so, dass je mehr man zahlt, desto schneller das Verfahren läuft“, erklärt Shiny. „Es geht nur darum, wie viel du zahlst. Im Sweet Mess beten wir auch mit den Eltern um solche Dinge. Bei Ibrahim haben wir – und ich weiß nicht warum – eine große Sache daraus gemacht und beim wöchentlichen Treffen speziell dafür gebetet, dass sie nicht um Geld bitten müssen, sondern ihnen das Geld bewilligt wird!“

Sweet Mess, Programm für Kinder mit Behinderung in Albanien

In der Woche darauf kam Ibrahim zum Sweet Mess und erzählte, dass es genauso war, wie die Mitarbeiter die Woche zuvor gebetet hatten! „Jesus ging hinein und gab uns das ganze Geld für unseren Sohn“, erzählte er freudestrahlend und gab als Muslim Jesus alle Ehre! Dabei geht seine Familie gerade durch eine schwere Zeit: Seine Schwiegereltern sind sehr krank und seine Frau musste daher ihre Arbeit aufgeben, um sich um ihre Eltern zu kümmern. „Das hat uns eine Gelegenheit gegeben, die Familie zu lieben, mit ihnen zu beten und nach ihnen zu sehen“, erzählt Shiny. „Einmal fragte ich ihn, ob ich für seine Schwiegereltern beten könnte, aber er war sich nicht sicher, ob diese das mögen würden, da sie Muslime sind. Doch Ibrahim selbst wurde offener und begann, in unsere Gemeinde zu gehen und bat uns, für ihn zu beten.“

Das OM-Team, das in Albanien unter Menschen mit Behinderung arbeitet, hat eine Partnergemeinde in Nordmazedonien. Immer wieder reisen sie in das islamische Land, besuchen sonderpädagogische Zentren, um zu lernen, aber auch um nach Möglichkeiten zu suchen, um den Mitarbeitern und Eltern das Evangelium weiterzugeben. „Beim letzten Einsatz gingen Ibrahim und Esad mit“, erzählt Shiny. „Ibrahim erzählte ihre Geschichte, wie er mit Esad ins Fitnessstudio ging, um seinem Sohn Disziplin und Selbstbeherrschung beizubringen.“

Jeden Morgen und Nachmittag traf sich das Team, um zu beten und sich auszutauschen. Sie feierten auch gemeinsam Gottesdienst, bei dem Ibrahim die anderen Eltern auf lustige Art ermutigte. Am Ende meinte Ibrahim: „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal auf eine Missionsreise gehen würde. Aber ich hoffe, dass diese Eltern hier in Nordmazedonien die Hoffnung in Jesus sehen werden, die wir jetzt haben.“

„Wir haben auch darüber gesprochen, wie Jesus den Sturm gestillt hat“, erzählt Shiny. „Da meinte Ibrahim, dass man sein Kind neben Jesus stellen solle, denn Jesus ist immer das Licht im Sturm. Ist es nicht interessant, all die Jahre hat Ibrahim so viel von Gott mitbekommen und obwohl er sich immer noch traditionell als Muslim bezeichnet, folgt er Jesus nach und geht auf einen Missionseinsatz!“

* Namen geändert

 

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