Mit einer Künstlergruppe waren wir im Juni in Zusammenarbeit mit der Heilsarmee Hamburg unterwegs auf St. Pauli. Der Nachmittag war gefüllt von Begegnungen mit einzigartigen Persönlichkeiten aus dem Stadtteil und Touristen. Tanz, Malerei, Fotografie und Musik waren für alle Anwohner ein besonderes und willkommenes Erlebnis. Wir haben viele Lebensgeschichten gehört und konnten durch Kunst und Gespräche Hoffnung verbreiten.
Eduardo durfte Passanten porträtieren. Er erlebte dabei, wie sich Menschen öffneten, die Fotografen sonst misstrauen. Am Abend konnte jeder die Fotos mit nach Hause nehmen. Ein großes Zeichen der Wertschätzung.
„Ich durfte einem Mann ein Lied, das er sich am Tag zuvor gewünscht hatte, am Klavier vorspielen. Er war tief bewegt von dem Lied, aber noch viel mehr von dem Fakt, dass jemand nur für ihn spielte“, berichtet Pianistin Janita.
Diana Steinmetz war als Tänzerin dabei und hatte den Eindruck, auf dem Beatles Platz tanzen zu müssen:
„Tanz hat so viele Facetten. Für mich ist Tanz ein Weg, Gott zu begegnen. Der Beatles Platz ist der Eingang zur ‚Großen Freiheit‘, wo Tanz eine ganz andere Funktion hat. Ich wollte die Art von Tanz, die mir Gott geschenkt hat, dem Tanz auf der ‚Großen Freiheit‘ gegenüberstellen und Menschen, die meine Art von Tanz nicht kennen, ermöglichen, Tanz neu zu entdecken.
Ich hatte zuhause eine Choreografie zu ‚Privileg‘ von Samuel Harfst vorbereitet, doch erst auf dem Beatles Platz, spürte ich, warum es gerade dieser Song sein sollte. Für mich waren die Worte des Liedes ein Hilfeschrei der Menschen, die in Prostitution sind, aber raus wollen. Ich bekam beim Tanzen Gänsehaut. Gott kann ihnen helfen und Wunder tun, wie der Songtext es beschreibt. Beim Choreografieren entstanden immer wieder sehr impulsive, gewaltvolle Bewegungen, die beim Tanzen auf dem Beatles Platz plötzlich Sinn machten. Viele Frauen in Prostitution erleben Gewalt. Der Tanz, den Gott mir gab zeigte in seinen teils heftigen Bewegungen, dass Gott ihr Leid sieht.“
Am Abend gestalteten wir ein Offenes Atelier, zu dem wir die Nachbarschaft einluden. Viele Passanten genossen die 15-Minuten-Konzerte, wurden selbst kreativ beim Malen und ließen die Kunstwerke auf sich wirken.
„Für mich waren es die ganz persönlichen Augenblicke, in denen ich spürte, dass die Zuhörer meine Liedtexte und Erfahrungen mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit in Verbindung brachten und sie Verständnis, Gemeinsamkeit und Vertrauen empfanden. Es wurde gelacht und geweint – und sich nicht dafür geschämt. Diese Kraft hat Musik in Verbindung mit dem, der die Herzen sieht“, erinnert sich die Liedermacherin Tina.